Venedig 11/94
Vom Flughafen werden wir von einem eleganten Boot der Ciga-Gruppe abgeholt,
das uns durch die Lagune, vorbei an Murano, San Michele und dem eigentlichen Venedig zum Lido schippert. Es geht dort in einen kleinen Kanal an dem die Äste der Trauerweiden bis in Wasser reichen und nach einer Biegung sehen wir einen orientalischen, maurischen Palast: das Hotel Excelsior, auf dessen Terrasse 1932 die 18ten Biennale als 1tes Filmfestival statt fand.
Vom Anlegesteg folgen wir unserem Gepäck, durch einen Gang unterhalb der Straße, eine Treppe hinauf und stehen in einem prächtigen Halle, die an die maurische Architektur andalusischer Städte erinnert, mit Springbrunnen und Schluchten.
Durch lange Korridore werden wir zu unserer Suite zur Strandseite gelegen gebracht.
Staunen, auspacken und los geht es mit dem vom Hotel kostenlos angebotenen Bootschuttle durch die dunstige Lagune nach Venedig.
Von San Marco nur Postcarten gekauft. Auch eine von 1900 mit dem original Campanile (Glockenturm) der am 14.07.1902 einstürzte, eine nach dem Einsturz und ein von heute.
Wir schippern zurück zum Hotel, essen dort und fallen ins Bett.
Zurück im Zimmer, treffen wir auf Sauna. Die Klimaanlage ist defekt und heizt. Es ist vom Hauspersonal nicht zu regeln, und wir wollen nicht umziehen. Ein Fehler…
Die Fenster bleiben zum Kühlen geöffnet, die Wellen schlagen an den Strand wie Donnerschläge. Ich habe Ohropax vergessen und mache kaum ein Auge zu. Grummelig wie ich bin, stimmt mich der Sonnenaufgang auch nicht sanft:
Das Frühstücksbuffet ist überwältigend.
Klaus zeigt mir seine Wirkungsstätte auf der Insel Murano, wo er Glas fertigen lies.
Am nächsten Tag schlendern wir über den Lido zum legendären Grand Hotel „Le Bain“.
Das Hotel gehört, wie auch das Excelsior, unverrückbar zum Lido und seiner Geschichte.
Es wurde 2010 geschlossen, verkauft und harrt seit da an dem Umbau in Luxusapartments.
Wir erlebten noch den ‚alten Glanz‘.
Es war wirklich nostalgisch und gespenstig. Wir hatten kurz zuvor noch ‚Tod in Venedig“ gesehen:
Thomas Mann in „Tod in Venedig“ 1912
Aschenbachs Ankunft „Der Herr ist umsonst gefahren“, sagte der Alte und hielt den Hut hin. Aschenbach warf Münze hinein. Er gab Weisung, sein Gepäck ins Bäder-Hotel zu bringen, und folgte dem Karren durch die Allee, die weißblühende Allee, welche, Tavernen, Basare, Pensionen zu beiden Seiten, quer über die Insel zum Strande läuft. Er betrat das weitläufige Hotel von hinten, von der Gartenterrasse aus, und begab sich durch die große Halle und die Vorhalle ins Office. Da er angemeldet war, wurde er mit dienstfertigem Einverständnis empfangen. Ein Manager, ein kleiner, leiser, schmeichelnd höflicher Mann mit schwarzem Schnurrbart und in französisch geschnittenem Gehrock, begleitete ihn im Lift zum zweiten Stockwerk hinauf und wies ihm sein Zimmer an, einen angenehmen, in Kirschholz möblierten Raum, den man mit stark durftenden Blumen geschmückt hatte und dessen hohe Fenster die Aussicht aufs offene Meer gewährten. Er trat an eins davon, nachdem der Angestellte sich zurückgezogen, und während man hinter ihm sein Gepäck hereinschaffte und im Zimmer unterbrachte, blickte er hinaus auf den nachmittäglich menschenarmen Strand und die unbesonnte See, die Flutzeit hatte und niedrige, gestreckte Wellen in ruhigen Gleichtakt gegen das Ufer sandte.
Wir betraten das Grand Hotel von dieser Uferseite aus. Die Terrasse wie im Film:
Beim Betreten der Halle, knirschten die Holzdielen, Stauf wirbelt aus den Ritzen auf und bildet von der Sonne angestrahlte gespenstige Wesen.
Niemand am Empfang, niemand nirgendwo. Wie schleichen durch die leeren Flure und Säle.
Völlig nostalgisch können wir uns gut dieses alte Strandtreiben vorstellen:
Schon ist das verlängerte Wochenende vorbei und es geht heim.